Wahlfreiheit und Transparenz bei Gentechnik soll weiter gelten: Alb-Gold, Alnatura, Andechser, dm und Frosta haben einen Offenen Brief an EU-Parlamentarier Manfred Weber initiiert. (Grafik: Landpixel)

Unternehmen für Wahlfreiheit

Gentechnik-freie Lebensmittel sollen Verbraucher:innen weiterhin gezielt kaufen können. Mit einem offenen Brief machen Unternehmen Druck.

Die Chef:innen der Unternehmen Alb-Gold, Alnatura, Andechser, dm und Frosta appellieren in einem gemeinsamen offenen Brief an Manfred Weber, an den Fraktionsvorsitzenden der rechts-konservativen EVP im Europaparlament. Er soll sich für den Erhalt von Kennzeichnung und Wahlfreiheit bei Gentechnik-Lebensmitteln einsetzen. Zugleich luden sie bei der Vorstellung ihrer Initiative alle Unternehmen aus Lebensmittelherstellung und -handel in Deutschlanddazu ein, den offenen Brief mitzuzeichnen.

Die Zeit drängt, denn im Europaparlament stehen intensive Verhandlungen und Abstimmungen an zu der Frage, ob mit neuer Gentechnik hergestellte Lebensmittel in der EU künftig erkennbar bleiben. Dabei kommt den Abgeordneten von CDU/CSU wie Manfred Weber und der EVP-Fraktion im Europaparlament eine Schlüsselrolle zu. Sie wollen die Regeln für Produkte neuer Gentechnik noch stärker lockern als die EU-Kommission.

Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG), Deutschlands führender Öko-Anbauverband Bioland, die Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL) und der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) unterstützen die Unternehmen bei ihrer Initiative für Wahlfreiheit bei Gentechnik im Essen. Laut eine Studie, die foodwatch veröffentlicht hat, lehnt die Mehrheit der Verbraucher:innen Gentechnik im Essen ab.

Das Unternehmen Frosta stehe seit über 20 Jahren für maximale Transparenz, sagte der Vorstandsvorsitzende der Frosta AG Felix Ahlers. „Jeder sollte nachvollziehen können, ob ein Lebensmittel mit oder ohne Gentechnik produziert wurde, um sich entsprechend entscheiden zu können.“ Nur dann könnten sich auch Lebensmittelhersteller und Landwirte differenzieren. Eine vom Gesetzgeber vorgegebene, transparente Deklaration auf der Verpackung w hält er für den richtigen Weg.

Auch Kerstin Erbe, Geschäftsführerin Ressort Produktmanagement der dm-drogerie markt GmbH & Co. KG, drängte auf die freie Wahl, ob man gentechnisch veränderte Nahrungsmittel produzieren und konsumieren wolle. „Es geht um unsere Ernährung, um das, was wir unseren Körpern täglich zuführen. Auch wenn gentechnische Verfahren heute präziser sind als früher, verbleiben zu beachtende und zu bewältigende Risiken“, so Erbe. Dafür brauche es eine klare Kennzeichnung als Entscheidungsgrundlage.

Prof. Dr. Götz E. Rehn, Gründer und Geschäftsführer der Alnatura Produktions- und Handels GmbH, hält eine weitgehende Deregulierung des Gentechnikrechts für widersprüchlich zu den Grundsätzen einer ausbalancierten und verantwortungsvollen Politik, sowohl für die Verbraucherschaft als auch für die Natur. „Über 90 Prozent der Kundinnen und Kunden fordern eine umfassende Sicherheitsprüfung für gentechnisch veränderte Pflanzen und die verpflichtende Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel. Die Anwendung von Gentechnik bei Lebensmitteln muss zwingend deklariert werden“, forderte Rehn. Nur so sei beim Lebensmitteleinkauf Wahlfreiheit durch Transparenz möglich. „Die EVP will die neue Gentechnik sogar für Bio-Lebensmittel zulassen. Das ist zu Recht gemäß EU-Bio-Verordnung verboten und das lehnen wir konsequent ab.“ Die Politik müsse die Demokratie fördern, indem sie Transparenz schafft.

„Die Vorschläge der EVP-Berichterstatterin Jessica Polfjärd verhindern Koexistenz und Wahlfreiheit“, erinnerte Bioland-Präsident Jan Plagge. In der Praxis könne ein Nebeneinander von Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik nur funktionieren, wenn es auch für alle so genannten neuen gentechnischen Verfahren eine Kennzeichnungspflicht gibt – und zwar bis zum Endprodukt, dem Lebensmittel. Die aktuelle Position des EU-Agrarausschusses sieht allerdings gar keine Kennzeichnungspflicht mehr vor, nicht einmal für Saatgut, und auch keinerlei Koexistenzregeln für Anbauformen mit und ohne Gentechnik. „Hier muss vor allem die EVP, also die CDU/CSU, ihrer Verantwortung gerecht werden und im EU-Parlament dringend nachbessern“, forderte Plagge.


Die Erstunterzeichner:innen des offenen Briefes
•    Felix Ahlers, Vorstandsvorsitzender, FRoSTA AG
•    Kerstin Erbe, Geschäftsführerin Ressort Produktmanagement, dm-drogerie markt GmbH & Co. KG
•    Irmgard Freidler, Geschäftsführerin, ALB-GOLD Teigwaren GmbH
•    Prof. Dr. Götz E. Rehn, Gründer und Geschäftsführer, Alnatura Produktions- und Handels GmbH
•    Barbara Scheitz, Geschäftsführerin, Andechser Molkerei Scheitz GmbH

Hier geht es zum offenen Brief, den weitere Unternehmen mitzeichnen können.

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