Der Schönbär steht in einigen Bundesländern auf der Vorwarnstufe der Roten Liste. Er saugt Nektar von Disteln und Wasserdost, seine Eier legt er Eier an Pflanzen wie Brennnessel, Taubnessel, Hahnenfuß oder Himbeere. (Foto: Nabu/Dagmar Jelinek)

Pestizide konterkarieren Naturschutz

Selbst in Naturschutzgebieten nimmt die Insektenvielfalt ab, wenn im nahen Umkreis Pestizide ausgebracht werden.

Intensiv genutzte Ackerflächen, auf denen Insektizide ausgebracht werden, sollten nicht an Naturschutzgebiete angrenzen. Denn auf die Pestizide von angrenzenden, intensiv genutzten Landwirtschaftsflächen führen Wissenschaftlerinnen zurück, dass die Insektenvielfalt auch in Naturschutzgebieten stetig weiter abnimmt. Das ist das Ergebnis des Forschungsprojektes DINA (Diversität von Insekten in Naturschutz-Arealen). Darin haben acht wissenschaftliche Institutionen vier Jahre lang Insekten in Naturschutzgebieten beobachtet, gefangen und auf Pestizide untersucht. Um die Gefahren für Insekten und die damit verbundene Pflanzenwelt abzuwenden, müsse die Landschaft in einem Radius von mindestens zwei Kilometern betrachtet werden. So lautet eine Empfehlung des Projektverbundes, um das Risiko von Abdrift einerseits und des Eintragens der Gifte durch die Insekten andererseits zu minimieren.

Die Untersuchungen zeigten, dass selbst in Naturschutzgebieten und in Fauna-Flora-Habitat-(FFH)-Gebieten Insekten mit Pestiziden belastet sind. Die Gifte nehmen sie auf Flächen außerhalb der Schutzgebiete auf, die sie bei der Futtersuche erreichen. Thomas Hörren vom Entomologischen Verein Krefeld (EVK), der im Projekt mitgewirkt hat, stellt ernüchtert fest: „Ausgehend von den 2017 von uns veröffentlichten Insektenbiomassen ist aktuell keine Erholung für die Jahre 2020 und 2021 feststellbar.“ Der Trend zu weiteren Verlusten sei mit dem DINA-Projekt deutschlandweit bestätigt. „Angrenzende konventionell bewirtschaftete Ackerflächen wirken sich zudem nachteilig auf das Vorkommen gefährdeter Pflanzenarten in benachbarten, geschützten Lebensräumen aus“, so Hörren.

Artenreiche Ackerbiotope wichtig
Zugleich betonen die DINA-Projektpartner, dass sie keinen Verlust von Ackerflächen in Naturschutz- und FFH-Gebieten riskieren wollen. Vielmehr müssten diese Flächen Raum für artenreiche Ackerbiotope bieten. Diese Biotoptypen sind den Wissenschaftler:innen ebenfalls wichtig für den Erhalt der Insektenvielfalt, aber selbst stark gefährdet oder gar von vollständiger Vernichtung bedroht.

„Unsere Raumanalysen haben gezeigt, dass eine Vielzahl von Ackerflächen mitten in Naturschutzgebieten liegt. Zudem befinden sich tausende Quadratkilometer intensiv genutzter Flächen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Schutzgebieten“, erläutert Lisa Eichler vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), das im Forschungsverbund beteiligt war. „Auf einer Länge von mehr als 11.000 Kilometern grenzen Naturschutzgebiete direkt an Ackerflächen, bei den FFH-Gebieten sind es sogar 21.100 Kilometer – eine Strecke länger als die Luftlinie zwischen Nord- und Südpol. Dies macht den Bedarf an Pufferzonen deutlich“, betonte die Wissenschaftlerin bei der Vorstellung der Projektergebnisse.

Die Forscher:innen des DINA-Projekts empfehlen drei zentrale Handlungspunkte zum wirksamen Schutz der Insektenvielfalt:

  • Biodiversität in Zielsetzung und Planung für Schutzgebiete priorisieren: Damit die biologische Vielfalt in den ausgewiesenen Gebieten auch wirklich geschützt wird, muss die umliegende landwirtschaftliche Nutzfläche einbezogen werden – etwa, wenn Strategien entwickelt und Maßnahmen geplant werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Randeffekte und Umgebungseinflüsse in einem Radius von bis zu zwei Kilometern auf die Schutzgebiete wirken.
  • Bundesweites Monitoring und ortsbezogene Risikoanalysen ermöglichen: Forschungsgrundlagen müssen durch Monitoring und Pestizidanalysen geschaffen werden, um die Risiken der Insektenbestände besser abschätzen zu können. In der Umsetzung müssen besonders schützenswerte Gebiete priorisiert werden.
  • Mitwirkung aller relevanten Akteur:innen fördern: Damit Schutzmaßnahmen auf der lokalen Ebene wirksam umgesetzt werden, müssen alle Beteiligten aus Landschaftspflege, Landwirtschaft, Naturschutz, Politik und Zivilgesellschaft einbezogen werden. Zudem muss Biodiversität als wichtiger Bestandteil der Bildung für nachhaltige Entwicklung etabliert werden.
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