Ökolandbau in Gefahr: Der Vorschlag der EU-Kommission zum neuen Gentechnikgesetz ist ein Affront. (Foto: Sonja Herpich)

Gentech-Vorschlag der EU unter massiver Kritik

Verbände und Organisationen laufen Sturm gegen die Aufweichung des Gentechnikrechts

Ein Leak Mitte Juni, nun das offizielle Papier: Die EU-Kommission will das Gentechnikgesetz lockern und Neuen Gentechniken freie Fahrt gewähren. Mit dem Legislativvorschlag vom 5. Juli bringt die Brüsseler Behörde den Ökolandbau, Natur- und Umweltorganisationen sowie Verbruacherverbände gegen sich auf. Die Bundesregierung findet keine einheitliche Position.

Die Kommission tritt den Umwelt- und Verbraucherschutz mit Füßen, kommentiert der Bio-Spitzenverband Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft den Entwurf aus Brüssel. Sie stellt das Vorsorgeprinzip auf den Kopf und missachtet die Wünsche der Verbraucher:innen. Zwar betont die EU-Kommission, dass auch künftig Gentechnik in der ökologischen Produktion ausgeschlossen bleibt. Doch die Verantwortung, dies einzuhalten, wälzt sie auf den Ökolandbau ab. Denn der Plan sieht vor, die Pflicht zur durchgängigen Kennzeichnung gentechnisch manipulierter Pflanzen und Produkte von der Züchtung bis zum Endprodukt abzuschaffen.

Bislang konnten Deutschland und die Bundesländer so wie andere Mitgliedstaaten souverän darüber entscheiden, ob sie die Freisetzung neuer Gentechnik-Organismen erlauben oder nicht. Der Legislativvorschlag hebt diese Option nun auf.

Bioland-Präsident Jan Plagge stellt zudem heraus: "Die neue Gentechnik befeuert Patente auf Leben. Es geht vor allem um ein sehr lukratives Geschäftsmodell", warnt er. Die Strategie sei durchschaubar: "Unternehmen nutzen Pflanzeneigenschaften aus der Natur und bauen diese nach, um sie als technische Erfindung patentieren zu können. Der nun vorgelegte Entwurf ebnet insofern den Weg für eine Flut an Patenten, auch auf klassisch gezüchtete Pflanzen", kritisiert Plagge. Denn von einer Anpassung des Patentrechts, die diese Praxis verhindern könne, sei bislang überhaupt nicht die Rede.

Die Bunderegierung ist gespalten. Agrarminister Cem Özdemir wirbt zwar für Koexistenz und Patentfreiheit, die "müssen gewährleistet sein". Doch der Koalitionspartner von der FDP sieht in den Neuen Gentechniken Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland und Vorteile zur Bekämpfung der Klimakatastrophe. Letztere Argumente kommentiert die Bio-Branche seit Jahren als Augenwischerei.

Bauern-, Saatgut-, Verbraucherschutz- und Umweltverbände haben heute mit einer Aktion vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium auf die Gefahren einer intransparenten und unkontrollierbaren Agrar-Gentechnik hingewiesen. Sie forderten Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu auf, die gentechnikfreie Landwirtschaft zu retten und sich klar gegen die Pläne der EU-Kommission zu stellen.

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