Schonende Heuernte
Moderne Mähgeräte sind vor allem ökonomisch effizient, sie werden immer größer und schneller. Sogar für die Pflege von Naturschutzflächen werden immer größere Geräte eingesetzt. „Diese Entwicklung ist eine der zentralen Ursachen der Gefährdung und des Rückgangs etlicher Tierarten dieser Lebensräume. Erst durch die Diskussionen der letzten Jahre zum ‚Insektensterben‘ sind auch die Auswirkungen der modernisierten Mahd in den Fokus gerückt“, erläutert Dr. Ulrich Maurer, Präsident der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW).
Eine schonende Heuernte ist aber im Interesse aller, denn Insekten sind ein wichtiger Baustein unserer Fauna und Flora sowie für die Landwirtschaft. Wie dies mit vorhandenen Mitteln möglich ist, zeigt der kostenlose „Praxisleitfaden für eine naturverträgliche Mahd“ der LUBW.
Möglichkeiten vorhanden
Es existiert eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um die negativen Auswirkungen der modernen Mahd zu reduzieren. Viele davon sind derzeit selbst Fachleuten wenig bekannt. Hier setzt der Praxisleitfaden der LUBW an. Hierzu wenige Beispiele:
- Pendelstange: Eine einfache Pendelstange, die vor dem Mähgerät angebracht wird, hilft bei etlichen Tieren, den Fluchtimpuls auszulösen. Für viele Insektenarten ist schon diese kleine vorzeitige Warnung eine lebensrettende Maßnahme.
- Naturverträgliche Techniken: Ältere, aber prinzipiell naturverträglichere Techniken sind wieder im Kommen. Der Balkenmäher wurde Zeit weiterentwickelt und ist gegenüber moderner Technik nun wieder konkurrenzfähig.
- Rückzugsräume: Das wichtigste Instrument einer naturverträglichen Mahd ist und bleibt aber das Belassen von Rückzugsräumen, besser bekannt auch als Insektenschutzstreifen. Zahlreiche Tiere sterben nicht durch die Messer, haben aber nach der Mahd große Schwierigkeiten Schutz und Nahrung zu finden. Genau dieses bieten die Insektenschutzstreifen. Von hier aus können Kleintiere und Insekten die Wiese wiederbesiedeln, wenn Gras und Kräuter ausreichend nachgewachsen sind.
- Schlüsselfaktor Straßenbegleitgrün: Wer an das Straßenbegleitgrün denkt, der hat in der Regel keine blühenden Kräuter vor dem Auge. Dabei ist das Straßenbegleitgrün ist in vielen Abschnitten ein wichtiger Lebensraum für etliche Tierarten geworden. Es durchdringt praktisch alle Landschaften und viele Tiere nutzen es als Ausbreitungskorridor. Allein in Baden-Württemberg pflegen Straßenmeistereien tausende Hektare. Etliche Kommunen haben erkannt, dass auf kommunalen Grünflächen oftmals weniger mehr ist. Wurde bis vor wenigen Jahren jedes Jahr mehrfach geschnitten, bleiben Gräser und Kräuter heute viel öfter länger stehen zum Wohl der Insekten. Gerätehersteller bieten insektenschonende Lösungen, die den Aufwuchs dennoch effizient entfernt. Solche neuartige Technik, die speziell für den Insektenschutz entwickelt wurde, sollte künftig zur Standardausrüstung jeder Kommune gehören.
Mähgeräte töten Insekten und Frösche
„Die heute praktizierte Form der Heuernte bewirkt bei Heuschrecken einen Individuen-Verlust von bis zu 80 Prozent ─ bei einem einzigen Erntedurchgang. Etliche Tierarten können, von der nahenden Erntemaschine überrascht, nicht rechtzeitig fliehen und gelangen so in die rotierenden Messer – was oftmals tödlich endet“, berichtet Maurer. Viele Wiesen werden mehrfach pro Jahr gemäht. Auch Arten wie der Grasfrosch wurden in den letzten Jahren durch moderne Technik und Verfahren fast vollständig aus Wiesen verdrängt.