Diskussionsrunde auf der Non-GMO-Tagung: Die Mehrheit der Verbraucher:innen lehnt Gentechnik in Lebensmitteln ab. (Foto: Non-GMO-Summit)

Fairness als oberstes Prinzip

Weltweit fordern Unternehmen des Land- und Lebensmittelsektors Transparenz, Fairness, Risikoprüfung, Rückverfolgbarkeit und Koexistenzregeln bei Neuer Gentechnik

Gentechnikfreie Wertschöpfungsketten müssen auch in Zukunft zuverlässig funktionieren. Auf dieses Ziel arbeitet eine wachsende aktive Gruppe von Unternehmen und Verbänden aus Lebensmittel-, Verbraucher- und Umweltsektor hin. Dies belegt nicht zuletzt der Apell von 376 Unternehmen aus der EU-Lebensmittelbranche an die ungarische EU-Ratspräsidentschaft. Die internationale Non-GMO-Tagung hat im Oktober rund 160 Vertreter:innen aus 23 Ländern in Frankfurt am Main zusammengebracht, um das Netzwerk für gentechnikfeie Lebensmittel zu stärken.
 
Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbands Lebensmittel Ohne Gentechnik, betonte: „Die Märkte für Produkte ohne Gentechnik sind wirtschaftlich sehr erfolgreich, weil die Verbrauchernachfrage sehr hoch ist. Wir sind entschlossen, uns den aktuellen politischen und marktwirtschaftlichen Herausforderungen zu stellen.“ Die Veranstalter der Tagung fordern eine strenge Regulierung von Neuen Gentechniken (NGT) wie von allen anderen gentechnisch veränderten Organismen (GVO).

Ungarn lehnt Kommissionsvorschlag ab
Die derzeitige ungarische Ratspräsidentschaft der Europäischen Union und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wollen sich bei der Überarbeitung der GVO-Gesetzgebung der EU für einen Kompromiss einsetzen. Er soll eine einheitliche Kennzeichnung, Koexistenz und Rückverfolgbarkeit im Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren gewährleisten. In seiner Begrüßungsrede erklärte Dr. István Nagy, der derzeitige Präsident des EU-Rates für Landwirtschaft und Fischerei: „Ich bin davon überzeugt, dass das Vorsorgeprinzip zur Anwendung kommen muss, wenn neue Technologien eingesetzt und mit solchen Techniken hergestellte Produkte in die Umwelt und die Nahrungskette eingebracht werden.“ Darüber hinaus halte er es für „äußerst wichtig, die Verbraucher angemessen zu informieren und ihre Wahlfreiheit zu gewährleisten“. 

Staatssekretärin Silvia Bender aus dem BMEL kritisierte den NGT-Verordnungsentwurf der EU-Kommission: Er berücksichtige die Interessen von Verbrauchern, Landwirten und Verarbeitern nicht ausreichend. „Der Markt für gentechnikfreie Produkte wächst seit Jahren und wir wollen diese Wertschöpfung erhalten. Dazu brauchen wir funktionierende Koexistenzmaßnahmen, vom Saatgut bis zum Verbraucher. Unser Ziel ist es, einen Kompromiss für einen gesellschaftlich akzeptierten Umgang mit den neuen Gentechnikverfahren zu finden, und daran arbeiten wir“, erklärte Bender.

Dietmar Vybiral vom österreichischen Gesundheitsministerium berichtete ausführlich über den aktuellen Stillstand bei den Verhandlungen über die geplante Neufassung der Gentechnik-Gesetzgebung der EU. Er führte aus, dass die Minister im EU-Rat sich noch nicht auf eine gemeinsame Linie einigen konnten und daher die Trilog-Verhandlungen zwischen den drei wichtigsten EU-Institutionen noch nicht beginnen können. Vybiral ermutigte die Teilnehmehmenden des Gipfels, „ihre jeweiligen Regierungen mit kritischen Fragen zu konfrontieren, damit diese gegen eine Deregulierung von NGTs stimmen.“ 

Wertschöpfungsketten sollen frei von Gentechnik bleiben
Der Koordinator des europäischen DARWIN-Projekts, Odd-Gunnar Wikmark vom norwegischen Forschungsinstitut NORCE, berichtete über zukunftsorientierte Forschung an zuverlässigen Nachweismethoden für NGTs. „Die Entwicklung von Nachweismethoden für bekannte NGT-Varianten ist möglich und wir sind zuversichtlich, dass wir im Laufe der Zeit auch ungezielte Nachweismethoden entwickeln können." 

Internationale Experten aus dem Bereich der Rohwarenproduktion und des Agrarhandels waren sich einig, dass die wichtigsten Regionen für Ohne-Gentechnik Rohwaren – insbesondere Soja, Mais und Raps – aktuell den Markt gut abdecken – in Lateinamerika (insbesondere Brasilien) ebenso wie in Europa (insbesondere Ukraine). Man sehe auch ausreichend Wachstumschancen, um die Verfügbarkeit von gentechnikfreien Futtermitteln weiter zu erhöhen, und damit mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten. Die Versorgung mit gentechnikfreier Ware sei für dieses und das nächste Jahr gesichert, erklärten Bertalan Kruppa, Donau Soja, Maxime Montserrat, Bunge und Daniele Marcomin, Agribusiness di Covolato. 

Mit einem klaren Appell an die Anwesenden der Ohne-Gentechnik-Branche, „ruhig zu bleiben und weiterzumachen“, fasste Heike Moldenhauer, Generalsekretärin der ENGA, den Gipfel im Namen der Veranstalter zusammen. Der Kampf um das Recht, weiterhin ohne Gentechnik zu produzieren, sei noch lange nicht vorbei, so Moldenhauer. Derzeit gebe es kaum NGT auf den Weltmärkten – keine in der EU und nur eine Handvoll in Ländern, in denen NGT nicht gesetzlich geregelt sind. Daher würden die Märkte in den kommenden Jahren nicht mit NGT geflutet. Außerdem habe die Entwicklung von Auditstrategien, die Forschung zu Nachweismethoden und Verbesserungen der Rückverfolgbarkeit an Fahrt aufgenommen. Moldenhauer zeigte sich zuversichtlich, dass es zu bedeutenden Fortschritten kommen wird, um NGT aus gentechnikfreien Wertschöpfungsketten auszuschließen.

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