Mit der Wahl des Europäischen Parlaments stellen Wählerinnen und Wähler Weichen für die Zukunft. (Foto: Imago)

Die Zukunft steht auf dem Spiel

Sieben Parteien des EU-Parlaments zeigen ihr Profil zu den Themen Neuen Gentechniken, Ausbau des Ökolandbaus und den Plänen für die neue GAP.

Anlässlich der Europawahl hat Bioland den Parteien Fragen rund um die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft gestellt. Dazu gehört die geplante Deregulierung der Neuen Gentechniken und die Sicherung der Koexistenz, ebenso wie die Ökolandbau-Ausbauziele im Rahmen des Green Deals. Darüber hinaus hat Bioland auch gefragt, wie eine neue GAP wirksamer und zugleich einfacher werden kann. Unterschiede sind deutlich zu erkennen.

Bioland-Frage zur Neuen Gentechnik:
Der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission teilt die „Neuen Gentechniken“ in zwei Kategorien ein. Im Ökolandbau ist der Einsatz von NGT-Pflanzen verboten. Wie kann Koexistenz gelingen, wenn für NGT1 Pflanzen keine Risikoprüfung und keine Kennzeichnungspflicht am Produkt mehr vorgesehen ist?

Während SPD, Linke, Grüne und ÖDP das Recht auf gentechnikfreies Wirtschaften bekräftigen und dem Kommissionsvorschlag absprechen, mit Koexistenz vereinbar zu sein, sehen Union, FDP und Freie Wähler kein Problem darin.

Darüber hinaus sind die parteilichen Schwerpunkte in den jeweiligen Antworten erkennbar: die SPD unterstreicht, dass der Wille einer großen Mehrheit der europäischen Bürger:innen, kein gentechnisch verändertes Essen auf ihren Tellern haben möchte, respektiert werden müsse. Die Linke betont, dass Gentechnik nicht die weltweiten Ernährungsprobleme löst, sondern dass es dafür einer gerechten Verteilung von Reichtum und Welthandel bedarf. Die Grünen wollen sich dafür einsetzen, dass eine Risikoprüfung auf umfassender wissenschaftlicher Basis Pflicht auch für NGT1-Pflanzen ist. Die ÖDP bekräftigt das Vorsorgeprinzip, welches durch den Kommissionsvorschlag ausgehebelt würde und negative und weitreichende Folgen für die Natur, die Biodiversität und letztlich auch für Biobauern und -bäuerinnen haben kann.

Dagegen ist für die Union Transparenz und Rückverfolgbarkeit bereits gewährleistet durch die vorgesehene Saatgutkennzeichnung und der Risikoprüfung im Rahmen der Sortenzulassung. Die FDP sieht in NGT eine wegweisende Chance, die Landwirtschaft zukunftsfest aufzustellen und mit Herausforderungen wie dem Klimawandel und zunehmenden Hitze- und Dürreperioden umzugehen. Den Freien Wählern ist besonders wichtig, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Produkten erkennen können, ob mit NGT gearbeitet wurde, und möchte daher an der Kennzeichnungspflicht entlang der Lebensmittelkette festhalten.

Das ungelöste Problem der Patente wird von SPD, Grüne und Linke angesprochen.

Bioland Frage zur Gemeinsamen Agrarpolitik:  
Die aktuelle GAP erweist sich als zu komplex und unwirksam. Der BÖLW hat ein Stufenmodell für die GAP ab 2028 entwickelt, welches die Komplexität der Grünen Architektur reduziert und die gesamtbetrieblichen sowie mehrjährigen Leistungen honoriert. Wie stehen Sie dazu?

Nicht alle Parteien äußern sich konkret zum BÖLW-Stufenmodell. Die Union begrüßt, dass der BÖLW seine Vorstellungen bereits vorgelegt hat. SPD, Grüne, Linke und ÖDP sehen in dem Stufenmodell gute und sinnvolle Ansätze im Sinne eines Transformationspfades für die Landwirtschaft und des Prinzips „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“. Die fünf Parteien, die sich konkret zum BÖLW-Modell geäußert haben, bekräftigen aber auch, dass die Debatte erst am Anfang steht; grundsätzlicher Reform-Bedarf wird bei allen gesehen.

Die SPD will den Sektor, die Landwirt*innen, die Umweltverbände und die Gesellschaft für die Leitidee einer zukunftsfähigen Landwirtschaft mitnehmen, bevor über das genaue Modell diskutiert wird. Die Grünen unterstützen, dass die besonderen Leistungen des Biolandbaus honoriert werden müssen. Die Regelungen der jetzigen GAP seien diesbezüglich mangelhaft. Für die Linke braucht es neben einem ordnungspolitischen Rahmen auch eine Förderpolitik, die für regionale, genossenschaftlich organisierte Erzeugergemeinschaften, dezentrale Verarbeitungskapazitäten und Eigenvermarktungsstrukturen geeignet ist. Die ÖDP erklärt, dass die große, industrielle Landwirtschaft derzeit unfair bevorzugt wird, bäuerliche Landwirtschaftsbetriebe haben das Nachsehen. Massentierhaltung, Monokulturen und der massive Einsatz von Antibiotika und Pestiziden würden somit von der EU gefördert.

Für die Union muss die GAP vor allem eine starke ökonomische Säule haben, die den Landwirten Schutz auf volatilen Märkten bietet und es ihnen erlaubt, nachhaltiger zu wirtschaften und ein ausreichendes Einkommen zu erzielen. Die FDP ist der Auffassung, dass die jetzige GAP-Struktur ein Bürokratiemonster ist. Grundsätzlich möchte sie die Landwirtschaft unabhängiger von Subventionen machen und auf die unternehmerische Förderung von Innovation und Investition statt auf starre Direktzahlungen setzen. Die Freien Wähler fordern, dass bereits erbrachte, umfangreiche Umweltsystemleistungen aus der zweiten Säule angemessen bezahlt werden und dass die zahlreichen hochbürokratischen Maßnahmen durch wenige, fachlich sinnvolle Maßnahmen ersetzt werden.


Bioland-Frage zum Ökolandbau-Ausbauziel:
Der Green Deal mit der Farm-to-Fork-Strategie beinhaltet das Ziel, bis 2030 25 Prozent Ökolandbau in Europa zu erreichen. Werden Sie als Europaparlamentarier:in daran festhalten und wenn ja, mit welchen Maßnahmen auf EU-Ebene kann die Zielerreichung unterstützt werden?

Insbesondere Union, Grüne, Linke und ÖDP stehen zum Ausbauziel. Für die ÖDP hat der Ausbau des ökologischen Landwirtschaft Priorität. Die Grünen wollen den ökologischen Landbau zum „Premiumstandard“ machen und sehen den „Flaschenhals“ vor allem im Erhalt und Ausbau von regionalen Verarbeitungsstrukturen.  Darüber hinaus sprechen sich die Grünen für „green by definition“ aus. Die Linke fordert Vorrang für biologische, züchterische sowie anbau- und kulturtechnische Maßnahmen vor chemischen Mitteln zur Schädlings- und Unkrautbekämpfung, und lehnt eine Aufteilung in „Schutz- und Schmutzgebiete“ ab. Auch die SPD setzt sich weiterhin für einen starken Öko-Sektor ein, möchte aber angesichts der Versäumnisse der Vergangenheit realistisch prüfen, wie rasch das 25-Prozent-Ziel erreicht werden kann und setzt dabei vor allem auf den „Turbo“ Außer-Haus-Verpflegung.

Die FDP steht staatlich verordneten Flächenzielen zur Ökologischen Landwirtschaft kritisch gegenüber. Stattdessen setzt sie auf regionale Kooperationen, denn die Landwirte und Naturschutzorganisationen wüssten gemeinsam besser, welche Maßnahme vor Ort zum Schutz der Lebensräume und Nahrungsangeboten von Bienen und anderen bestäubenden Insekten zielführend ist. Den Green Deal als solchen lehnen die Freien Wähler als kontraproduktiv im Sinne der CO2-Einsparungen ab, denn die stetig knapper werdende landwirtschaftliche Fläche müsse intensiver genutzt werden.

Bei der AfD bleibt der Ökolandbau auf der Strecke
Bioland hat auf eine Befragung der AfD verzichtet und stattdessen das Wahlprogramm analysiert. In ihrem Grundsatzprogramm lehnt die AfD Subventionen generell ab. Die Partei vertritt die Interessen des Ökolandbaus weder auf Bundes- noch auf europäischer Ebene.

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