DBV-Umweltbeauftragter Eberhard Hartelt, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und BÖLW-Vorstandsvorsitzende Tina Andres beim HumusKlimaTag Anfang März in Berlin. (Foto: Niklas Wawrzyniak)

Bodenständiges Projekt weckt Erwartungen

Modell- und Demonstrationsvorhaben zu Humusaufbau in Ackerböden offiziell eröffnet. Praxis und Forschung wollen Hand in Hand arbeiten.

„Wir sind hier, um gemeinsam Boden gut zu machen“, sagte Tina Andres bei der feierlichen Auftaktveranstaltung des Modell- und Demonstrationsvorhabens zum Humusaufbau in Ackerböden HumusKlimaNetz Anfang März in Berlin. Gemeinsam, weil der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und der Deutsche Bauernverband (DBV) zum ersten Mal ein gemeinsames Projekt bestreiten. Gemeinsam auch, weil je 75 ökologisch und konventionell wirtschaftende Landwirt:innen sich darauf fokussieren wollen, den Kohlenstoffgehalt ihrer Böden messbar zu erhöhen. Die Vorstandsvorsitzende des BÖLW nannte es ein „Gräben überbrückendes, innovatives Projekt“, der Umweltbeauftragte des DBV Ebert Hartelt will „bewusst den Fokus auf das Verbindende lenken und auf Seite schieben, was uns trennt.“ De facto geht es um nichts Geringeres als um 2,5 Mrd. t Kohlenstoff, die sich in den landwirtschaftlichen Böden Deutschlands allein bis in 1 m Tiefe finden. Es geht darum, den Abbau des Kohlenstoffs zumindest zu stoppen, am besten aber ihn zu mehren.

Sieben Jahre Vorlauf waren nötig, in denen politische Linien, Ziele und Design des Pilotprojekts verhandelt wurden. Dann haben Projektmanagement und Landwirt:innen das Vorhaben im Jahr 2022 begonnen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte dafür einen Scheck über 23 Mio. Euro ausgestellt. Das Geld wurde zunächst für sechs Jahre bewilligt, insgesamt soll zehn Jahre lang Praxisforschung zum Humusaufbau, zur Klimawirkung und zur Sozioökonomie auf den Netzwerkbetrieben stattfinden. Das Thünen-Institut begleitet das Projekt wissenschaftlich.

Beispiele zum Nachahmen
Die in der gesamten Bundesrepublik verteilten Betriebe sind in zehn Boden-Klima-Regionen eingeteilt. Sie haben Maßnahmen wie Zwischenfrüchte, mehrjähriges Feldfutter oder Agroforst aus einem Strauß von humusmehrenden Praktiken ausgewählt, die Gesamtversuchsfläche umfasst 3.500 ha. Zudem setzen sich die Netzwerker in Humus-Clubs mit der Materie auseinander. Sie wollen auch auf Kolleg:innen außerhalb des Humus-Klima-Netzes wirken und das Bewusstsein für die Vereinbarkeit von Bodenfruchtbarkeit, Klimaschutz und finanzieller Rentabilität schärfen. Die Forschungsfragen drehen sich um die Bewertung der Maßnahmen mit Blick auf Humusaufbau, Erträge und Deckungsbeiträge. Zudem ist wichtig, wie sich humusmehrende Maßnahmen auf andere Standorte übertragen lassen und wie der Klimaeffekt gesamtbetrieblich zu bewerten ist.

Praxis und Forschung betonten in Berlin, dass ihre Zusammenarbeit nur auf Augenhöhe funktionieren könne. „Einen ständigen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis“ hält Thünen-Präsident Prof. Folkhard Isermeyer für enorm wichtig. „Wenn uns das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass wir zu Ergebnissen kommen, die sowohl wissenschaftlich als auch praxistauglich fundiert sind. Dann können wir belastbare Schlussfolgerungen ziehen.“

Auch Cem Özdemir betonte das Hand-in-Hand, mehr noch, das Zusammenspiel zwischen BÖLW, DBV und Thünen-Institut. „Pathetisch gesagt“, so der Minister, „ist das Projekt ein starkes Signal für die Gesellschaft als Ganzes.“ Özdemir erinnerte an die EU-Bodenstrategie 2030, das EU-Soil-Monitoring-Law und die Bodenzustandserhebung Wald und Acker in Deutschland.

Politische Hebel entscheidend
Mit landwirtschaftlich genutzten Böden könnte der Klimawandel gestoppt werden, so motivierte Prof. Wulf Amelung vom Institut für Bodenkunde an der Uni Bonn. Die mit dem Pariser Klimaabkommen populär gewordenen vier Promille Humusaufbau pro Jahr in der Landwirtschaft seien mit den richtigen Maßnahmen machbar. Die Flächen in der Landwirtschaft könnten pro Jahr so viel Kohlenstoff speichern wie Moorböden. Allerdings seien politische Herausforderungen zu meistern. Konkret empfiehlt er, Maßnahmen zu fördern und nicht Kohlenstoffgehalte als Basis von Subventionen heranzuziehen. „Hecken halten Kohlenstoff im Boden, wo er schon vorhanden ist, und helfen beim Aufbau dort, wo wenig davon vorhanden ist.“
Es bleibt zu hoffen, dass die Ergebnisse des Humus-Klima-Netzwerks dem Boden, dem Klima und den landwirtschaftlichen Betrieben weiterhelfen. Zeigen muss sich zudem, ob nicht nur Forschung und Praxis, sondern auch die Spitzenverbände BÖLW und DBV nach einer langwierigen Konzeptionsphase in der Lage sein werden, gemeinsame politische Forderungen im Sinne der Sache zu formulieren. Nur dann hätte Cem Özdemir für die Gesellschaft als Ganzes in das richtige Projekt investiert.

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